Category Archives: Betriebsausgaben

Sozialversicherung: Berichte der Lohnsteuer-Außenprüfung stets auswerten

Zahlreiche Unternehmer, die Mitarbeiter beschäftigen, erhalten regelmäßig „Besuch“ der Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts. Andere unterliegen der Lohnsteuer-Außenprüfung vielleicht nur einmal in zehn Jahren. Wie dem auch sei: Die Lohnsteuer-Außenprüfungen werden grundsätzlich mit einem Prüfungsbericht und – bei Nachzahlungen – mit einem Lohnsteuer-Haftungsbescheid abgeschlossen. Betroffene Unternehmer sollten dann unbedingt beachten, dass sie die lohnsteuerlichen Feststellungen auch sozialversicherungsrechtlich auswerten müssen, denn fast immer führen steuerliche Nachforderungen auch zu beitragsrechtlichen Konsequenzen. Sprich: Es müssen auch Sozialbeiträge nachentrichtet werden. Zumindest haben Arbeitgeber eine Verpflichtung, die beitragsrechtlichen Folgen im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung näher unter die Lupe zu nehmen. Tun sie dies nicht, kann es sehr, sehr teuer werden. Was viele Arbeitgeber nicht wissen: Die Verjährungsfrist bei der Sozialversicherung beträgt bis zu 30 Jahre (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

AKTUELL musste diese bittere Erfahrung eine Arbeitgeberin machen, die im Bereich des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ansässig ist. Dieses hat wie folgt entschieden: Wird in einem Lohnsteuer-Prüfbericht bzw. Lohnsteuer-Haftungsbescheid der Finanzverwaltung die fehlende Versteuerung von Entgeltbestandteilen festgestellt, so sind diese Feststellungen sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. Unterbleibt eine solche Auswertung, spricht dies zumindest für eine bedingten Vorsatz, Beiträge zur Sozialversicherung vorzuenthalten. Die Verjährungsfrist beträgt dann 30 Jahre (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.5.2023, L 7 BA 2862/20).

  • Der Fall: Im Oktober 2014 wurde bei der Klägerin eine Sozialversicherungsprüfung durchgeführt. Der Prüfer wies in seinem Prüfungsgericht darauf hin, dass der Bericht über die letzte Lohnsteuer-Außenprüfung durch das zuständige Finanzamt noch nicht vorgelegen habe. Es werde gebeten, die Prüfberichte/Bescheide über diese Prüfungen unmittelbar nach dem Eingang sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. Tatsächlich fand die Lohnsteuer-Außenprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 statt. Das Finanzamt erließ einen Haftungsbescheid, in dem u.a. die private Nutzung von Firmenwagen nachversteuert wurde. Der Haftungsbescheid ist aber erst in 2015 ergangen. Im Oktober 2018 stand der Prüfer der Sozialversicherung wieder auf der Matte. Und siehe da: Er stellte fest, dass die Klägerin keine beitragsrechtlichen Konsequenzen aus dem Bericht der Lohnsteuer-Außenprüfung gezogen hatte. Daher wurden Sozialabgaben auch für die Jahre 2010 bis 2013 nachgefordert. Zudem setzte es happige Säumniszuschläge. Die Klägerin machte vor Gericht geltend, dass die Ansprüche der Jahre 2010 bis 2013 längst verjährt seien. Doch damit konnte sie nicht durchdringen. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg.
  • Begründung: Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Sozialversicherungsbeiträge in vier Jahren oder, sofern sie vorsätzlich vorenthalten wurden, in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ein solch vorsätzliches Verhalten liegt vor, wenn der Schuldner die Beiträge mit zumindest bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Dass im Streitfall keine beitragsrechtliche Auswertung des Lohnsteuer-Prüfberichts bzw. des Lohnsteuer-Haftungsbescheides aus dem Jahr 2015 stattfand, lässt auf einen bedingten Vorsatz schließen.

Im weiteren Verlauf der Urteilsbegründung ist das Gericht näher darauf eingegangen, warum es einen „bedingten Vorsatz“ annimmt. Letztlich war es wohl so, dass die Prüfungsfeststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung „lang und breit“ erörtert wurden, so dass sich der Klägerin die sozialversicherungsrechtlichen Folgen aufdrängen mussten. Das Argument, dass die „Schuld“ für die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge bei den Bürokräften oder dem ehemaligen Geschäftsführer gelegen habe, ließ das Gericht nicht gelten. Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation habe sicherzustellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können. Übrigens hat auch bereits das Bundessozialgericht entschieden: Es dürfte bekannt sein, dass Lohnsteuer-Haftungsbescheide in aller Regel auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht Konsequenzen haben (BSG-Urteil vom 18.11.2015, B 12 R 7/14 R; BSG-Urteil vom 18.10.2022, B 12 R 7/20 R).

Privatnutzungsverbot: Pkw für GmbH-Geschäftsführer

Für einen Firmenwagen, der auch privat genutzt werden darf, ist grundsätzlich ein Privatanteil zu versteuern. Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen aber mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt, ihn nicht für Privatfahrten oder Fahrten zur Arbeit zu nutzen (Privatnutzungsverbot), ist von der Besteuerung abzusehen, wenn das Nutzungsverbot durch entsprechende Unterlagen (z.B. eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Rechtsgrundlage) nachgewiesen wird (vgl. Tz. 2.8 des BMF-Schreibens vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592).
Weiterlesen »

Firmenwagen: Versteuerung eines Privatanteils für Handwerkerwagen?

Für einen Firmenwagen, der auch privat genutzt werden kann, ist ein Privatanteil zu versteuern, und zwar entweder nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode. Die Finanzverwaltung muss nicht nachweisen, dass das Kfz tatsächlich für Privatfahrten genutzt wurde, da bereits der „Beweis des ersten Anscheins“ für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spricht – so der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 13.12.2011 (VIII B 82/11).
Weiterlesen »

Fahrtenbuchmethode bei Dienstwagen: Kosten nie schätzen

Fahrtenbuchmethode bei Dienstwagen: Kosten nie schätzen

Wer einen Dienstwagen auch privat nutzen darf, muss den Privatanteil entweder nach der Ein-Prozent- oder nach der Fahrtenbuchmethode versteuern. Letztere ist mit einem hohen Aufwand verbunden, denn es müssen sämtliche Fahrten erfasst werden. Zudem müssen alle Kosten per Einzelnachweis belegt werden. Eine Schätzung von Aufwendungen kommt – auch teilweise – selbst dann nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es dem Arbeitnehmer daher nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen (FG München, Urteil vom 29.1.2018, 7 K 3118/16).


Weiterlesen »

Corona: Wegen Betriebsschließung Anspruch auf Versicherungsleistungen?

Während der Corona-Pandemie wurden im Frühjahr 2020 (erster Lockdown) und im Winter 2020 (zweiter Lockdown) Betriebe der Gastronomie und andere Geschäfte flächendeckend auf staatliche Anordnung geschlossen. Die Betriebsschließungsversicherung ist eine besondere Form der Betriebsunterbrechungsversicherung. Damit können sich Gastronomen gegen Verluste absichern, wenn das Lokal durch behördliche Anordnung geschlossen wird. Das Problem: Die Versicherungen wollen für den Ausfall aufgrund der coronabedingten Betriebsschließung während des Lockdowns nicht zahlen, weil Corona in den Versicherungsbedingungen nicht aufgeführt sei.
Weiterlesen »

Firmenwagen: Keine Versteuerung des Privatanteils für Ford Ranger?

Firmenwagen: Keine Versteuerung des Privatanteils für Ford Ranger?

Für einen Firmenwagen, der sich im Betriebsvermögen befindet, ist die 1%-Regelung zur Versteuerung der – angeblichen – Privatnutzung anzuwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Es gilt der „Beweis des ersten Anscheins“, der fast immer für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spricht. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, die auch zur Nutzung für private Zwecke zur Verfügung stehen, tatsächlich auch privat genutzt (BFH-Beschluss vom 13.12.2011, VIII B 82/11). Selbst wenn sich ein weiteres Kfz im Privatvermögen befindet, verzichtet der Fiskus nur selten auf die Versteuerung des Privatanteils.
Weiterlesen »

Investitionsabzugsbetrag: Fahrtenbuch für Firmen-Pkw nicht stets erforderlich

Wenn kleine und mittlere Betriebe in den kommenden drei Jahren Investitionen planen, dürfen sie schon heute einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG bilden, und zwar in Höhe von 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Für Wirtschaftsjahre vor 2020 galt ein Satz von 40 Prozent. Eine Voraussetzung für die Bildung eines IAB ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des folgenden Jahres, das auf die Investition folgt, ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Und „fast ausschließlich“ bedeutet mindestens 90 Prozent. Für die geplante Anschaffung eines Firmen-Pkw ist das eine hohe Hürde.
Weiterlesen »

Übernachtungsteuer ist verfassungsrechtlich in Ordnung

Hotelbett

Vor einigen Jahren begannen viele Städte und Gemeinden, von den ansässigen Beherbergungsbetrieben eine kommunale Übernachtungsteuer abzugreifen, die auch unter den Bezeichnungen Bettensteuer, Kulturförderabgabe, Tourismusförderabgabe, Hotelsteuer oder Citytax daher kommt. Aktuell sind es mehr als 30 Kommunen, die von Hotelgästen diese spezielle Steuer verlangen: mal fünf Prozent vom Nettopreis der Übernachtung, mal einen Pauschalbetrag von bis zu drei Euro. Doch nicht nur Hoteliers müssen die Steuer von ihren Gästen verlangen, sondern auch Pensionswirte, Vermieter von Ferienwohnungen und Betreiber von Campingplätzen. Die Abgabe wird in der Regel vom Übernachtungsgast bei der Buchung oder Anmeldung im Beherbergungsbetrieb erhoben. Steuerschuldner ist der jeweilige Beherbergungsbetrieb; er führt die Übernachtungsteuer an das Finanzamt ab.
Weiterlesen »