Wirecard-Insolvenz: Kein Schadensersatz von der Depotbank?

Durch die Wirecard-Insolvenz am 25.6.2020 haben viele Kleinaktionäre Geld verloren. Sie können ihren Verlust prinzipiell zwar steuerlich geltend machen, doch das ist nur ein schwacher Trost, zumal bei Aktienverlusten auch noch gewisse Beschränkungen bei der steuerlichen Verlustverrechnung zu beachten sind. Vom Insolvenzverwalter werden sie wohl kaum Geld sehen, denn als Anteilseigner von Wirecard waren sie Gesellschafter und gelten nicht als Gläubiger (LG München, Urteil vom 23.11.2022, 29 O 7754/21).

Und fraglich ist auch, ob mehreren tausend Anlegern ein Schadensersatz gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zusteht. Immerhin hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) für mehr als 13.000 Wirecard-Anleger ein Verfahren gegen EY angestrengt.

Ein Privatanleger ist einen anderen Weg gegangen und hat seine eigene Depotbank, die Commerzbank, auf Schadensersatz verklagt. Die Bank hatte den Kauf von Aktien des Zahlungsdienstleisters wohl noch bis kurz vor dessen Insolvenz im Juni 2020 empfohlen.

Aktuell hat das Landgericht Koblenz den Schadensersatzanspruch des Anlegers aus dem Depotvertrag aber verneint und die Klage abgewiesen (LG Koblenz, Urteil vom 22.12.2023, 3 O 180/23).

Der Fall: Der Kläger unterhielt bei ein Wertpapierdepot bei der Commerzbank. Im Rahmen dieses Depots hielt er Aktien der Wirecard AG. Er hielt insgesamt 1.232 Stück mit einem damaligen Kurswert von 117.040 EUR. Am 18.9.2020 verkaufte der Kläger seinen gesamten Bestand an Wirecard-Aktien zum Kurs von 0,83 EUR pro Stück, sodass er einen Erlös in Höhe von nur noch 1.022,31 EUR erzielte.

Der Kläger brachte vor, dass seine Bank weiterhin Kaufempfehlungen für die Wirecard-Aktie ausgesprochen habe, obwohl sie selbst zuvor intern beschlossen habe, ihre Geschäftsverbindungen zu der Wirecard AG zu beenden. Zudem ist der Kläger der Ansicht, dass es die Bank durch ihren Vorstand pflichtwidrig unterlassen habe, Informationen, welche zu einem abrupten Ende der Geschäftsbeziehungen zwischen der Bank und der Wirecard AG geführt haben, an ihre Depotkunden weiterzugeben. Der Kläger ist daher der Meinung, dass die Bank den ihm insoweit hinsichtlich der Kursverluste der Wirecard AG entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Im Wege der Teilklage machte er einen Betrag in Höhe von 60.000 EUR geltend. Das Landgericht hat die Klage jedoch abgewiesen.

Begründung: Es bestehe kein Anspruch gem. §§ 280, 241 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien bestehenden Depotvertrag. Insbesondere habe der Depotvertrag keine umfassende fortdauernde Vermögenssorge oder Beratungspflicht über tatsächliche Begebenheiten auf dem Kapitalmarkt zum Gegenstand. Der Kunde bleibe für seine Anlageentscheidungen selbst verantwortlich. Zudem sei durch den Kläger nicht schlüssig vorgetragen worden, welche Informationen die Bank ihm vorenthalten haben soll.

Soweit der Kläger ein abruptes Ende der Geschäftsbeziehung der Bank zur Wirecard AG vorgetragen hat, führt die Kammer aus, dass es der Bank gem. § 47 Abs. 1 Nr. 1 GWG untersagt gewesen sei, den Vertragspartner, den Auftraggeber der Transaktion oder sonstige Dritte von einer beabsichtigten oder erstatteten Meldung an die Financial Intelligence Unit nach § 43 Abs. 1 GWG in Kenntnis zu setzen.

 

Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich. Ob der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, war bei Redaktionsschluss leider noch nicht bekannt. Über das Thema „Steuerliche Geltendmachung eines Aktien-Totalverlustes“ werden wir weiter berichten.

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